Inkontinenz verstehen: Symptome, Ursachen und moderne Therapieansätze
Inkontinenz ist ein weit verbreitetes, aber häufig tabuisiertes Thema – dabei betrifft es Millionen Menschen, unabhängig von Alter oder Geschlecht. Ungewollter Harn- oder Stuhlabgang kann die Lebensqualität stark einschränken und zu sozialem Rückzug führen. Die gute Nachricht: Es gibt heute zahlreiche wirksame Therapiemöglichkeiten, die individuell angepasst werden können. Je früher Betroffene ärztliche Hilfe suchen, desto besser lässt sich Inkontinenz behandeln oder sogar heilen. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Formen es gibt und welche Therapien helfen können.
Das Wichtigste in Kürze
Inkontinenz betrifft nicht nur Ältere, wird aber oft aus Scham verschwiegen – sowohl Frauen als auch Männer können betroffen sein.
Es gibt verschiedene Formen von Inkontinenz, etwa Belastungs-, Drang- oder Mischinkontinenz, mit unterschiedlichen Ursachen und Symptomen.
Therapien richten sich nach der Inkontinenzform und reichen von Beckenbodentraining über Medikamente bis hin zu operativen Eingriffen.
Frühe ärztliche Abklärung ist wichtig, um geeignete Behandlungsmöglichkeiten zu finden und Lebensqualität zurückzugewinnen.
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Inhalt der Seite
1.Was ist Inkontinenz?
- Was ist Inkontinenz?
- Welche Formen der Inkontinenz gibt es?
- Welche Schweregrade der Inkontinenz gibt es?
- Wie kommt es zu Inkontinenz?
- Wer ist von Inkontinenz betroffen?
- Fitmacher Podcast: Leben mit Inkontinenz
- Inkontinenz - wann zum Arzt?
- Diagnose: So wird Inkontinenz festgestellt
- Therapiemöglichkeiten: Was hilft gegen Inkontinenz?
- Konservative Therapien
- Prävention: So lässt sich Inkontinenz vorbeugen
- Leben mit Inkontinenz: Unterstützung und Hilfen
Was ist Inkontinenz?
Es ist ein Thema, über das immer noch wenig gesprochen wird: Der Begriff Inkontinenz beschreibt den unfreiwilligen Verlust von Urin oder Stuhl und wird oft vor allem mit älteren, pflegebedürftigen Personen in Verbindung gebracht. Dabei kann gerade Harninkontinenz, umgangssprachlich auch oft als Blasenschwäche bezeichnet, Menschen jeden Alters betreffen.
Allein in Deutschland leiden schätzungsweise mehr als neun Millionen Menschen daran. Da jedoch viele Betroffene ihr Problem aus Scham verschweigen, ist Inkontinenz immer noch stark tabuisiert.
Dabei gibt es mittlerweile zahlreiche wirksame Behandlungsmöglichkeiten, die es Inkontinenz-Patientinnen und -Patienten ermöglichen, ihre Lebensqualität erheblich zu steigern. Da es allerdings verschiedene Arten der Inkontinenz mit unterschiedlichen Ursachen gibt, bedarf es für eine zielgerichtete Therapie zuerst einer korrekten medizinischen Diagnose.
Welche Formen der Inkontinenz gibt es?
Inkontinenz ist nicht gleich Inkontinenz. Sie kann auf unterschiedliche Weise mit variierenden Schweregraden auftreten und vielseitige Ursachen haben. Der Begriff Blasenschwäche wird zwar oft mit Inkontinenz gleichgesetzt, ist allerdings irreführend, da Inkontinenzprobleme nicht immer auf Probleme der Blasenfunktion zurückzuführen sind.
Manchmal tritt Inkontinenz auch als Begleitsymptom einer anderen Erkrankung auf. Zu den typischen Symptomen von Inkontinenz zählt nicht nur der unwillkürliche Verlust von Urin, sondern ebenfalls, dass man häufig – auch nachts – auf Toilette muss und Schwierigkeiten hat, das Wasserlassen zu beginnen oder zu stoppen. Je nachdem, welche Art der Inkontinenz vorliegt, gibt es unterschiedliche Behandlungsansätze.
Bei dieser Inkontinenzform, die früher auch als Stressinkontinenz bezeichnet wurde, verlieren Betroffene Urin vor allem bei körperlicher Belastung. In der Regel geschieht dies bei Anstrengungen, durch welche sich der Druck im Bauchraum erhöht. Das kann zum Beispiel durch Husten, Niesen, Lachen oder schweres Heben geschehen.
Auslöser ist meist eine Schwäche der Beckenbodenmuskulatur oder des Blasenschließmuskels. In schweren Fällen kann Urin bei jeder Bewegung austreten, selbst im Stehen oder Liegen. Auch verspüren Betroffene keinen Harndrang, bevor der Urin ungewollt abgeht. Eine Belastungsinkontinenz ist eine der häufigsten Formen und tritt vor allem bei Frauen in Folge einer Geburt oder in den Wechseljahren auf.
Bei dieser Art der Inkontinenz kommt es zu einem plötzlichen, kaum kontrollierbaren Harndrang, der sehr häufig, mitunter mehrmals pro Stunde, auftreten kann. Meist macht sich dieser so unvermittelt bemerkbar, dass den Betroffenen kaum Zeit bleibt, rechtzeitig eine Toilette aufzusuchen. Der Urin geht dann schwallartig ab, obwohl die Blase noch gar nicht voll ist. Ursache hierfür können eine überaktive Blase, oft Reizblase genannt, aber auch neurologische Erkrankungen sein.
Hierbei handelt es sich um eine Kombination aus Belastungs- und Dranginkontinenz. Diese Mischform tritt häufig auf, besonders bei älteren Frauen.
In diesem Fall füllt sich die Blase zu stark, ohne dass sie sich vollständig entleeren kann. Die Folge: Der Urin „tröpfelt“ dann unkontrolliert, und die Betroffenen verspüren oft einen permanenten Harndrang. Diese Form tritt vor allem bei Männern mit vergrößerter Prostata oder bei Nervenschäden auf.
Bei dieser Variante merken die Betroffenen nicht, wann die Blase voll ist, und sind folglich auch nicht mehr in der Lage, die Entleerung zu kontrollieren. Die Blase entleert sich dadurch in unregelmäßigen Abständen von selbst, meist aber nicht vollständig. In der Regel ist eine neurogene Blase die Ursache: Das ist eine Funktionsstörung, welche durch eine Schädigung des Nervensystems entsteht und zum Verlust der Blasenkontrolle führt. So können unter anderem Schlaganfall-Patienten von dieser Form der Inkontinenz betroffen sein.
Bei dieser seltenen Inkontinenzform entweicht Urin außerhalb der Harnröhre (medizinisch: extraurethral) durch fehlgebildete oder fehlgelegte Körperöffnungen wie die Bauchdecke, den After oder die Scheide, indem er zum Beispiel durch Fisteln (unnatürliche Gänge zwischen Organen) austritt. Diese Form ist selten und meist angeboren oder die Folge schwerer Operationen.
Eine häufige Inkontinenz-Form im höheren Alter ist die sogenannte Nykterie, bei der Betroffene nachts einen verstärkten Harndrang verspüren und oft mehrere Male pro Nacht ihren Schlaf unterbrechen müssen, um zur Toilette zu gehen. Langfristig wird der Schlaf dadurch massiv gestört, was sich negativ auf die körperliche Gesundheit und die Psyche auswirken kann. Häufige Ursachen dafür sind Krankheiten wie Diabetes mellitus oder eine Herzinsuffizienz, entwässernde oder harnfördernde Medikamente sowie hormonelle Umstellungen.
Lasertherapie bei Belastungsinkontinenz
Als eine der wenigen Krankenkassen bietet die Heimat Krankenkasse mit der Lasertherapie eine schonende und wirkungsvolle Behandlungsalternative bei Belastungsinkontinenz. Operationen und die Einnahme von Medikamenten können damit in vielen Fällen vermieden werden.
Welche Schweregrade der Inkontinenz gibt es?
Je nachdem, wie viel Urin unfreiwillig austritt, wird eine Harninkontinenz in verschiedene Schweregrade eingeteilt. Man unterscheidet zwischen leichter, mittlerer, schwerer oder sehr schwerer Inkontinenz.
- Leichte Harninkontinenz: Urin tritt tröpfchenweise zwischen den Toilettengängen bis zu 100 Milliliter in einem Zeitraum von circa vier Stunden aus, beispielsweise beim Lachen, Husten oder durch Nachtröpfeln.
- Mittlere Harninkontinenz: Urinmengen von bis zu 200 Milliliter treten unkontrolliert über einen Zeitraum von circa vier Stunden aus und werden von nicht unterdrückbarem Harndrang begleitet, sodass die Toilette manchmal nicht mehr rechtzeitig erreicht werden kann.
- Schwere Harninkontinenz: Sie setzt sehr große Blasenentleerungen von mehr als 200 Milliliter innerhalb von vier Stunden voraus. Die Betroffenen haben keine Kontrolle mehr über die Blasenentleerung. Die Blase entleert sich daher unkontrolliert, allerdings nicht vollständig.
- Sehr schwere Inkontinenz: Der gesamte Blaseninhalt entleert sich unkontrolliert und dauernd, egal in welcher Position sich Betroffene befinden.
Wie kommt es zu Inkontinenz?
Die Ursachen für Inkontinenz sind vielfältig und hängen oft von der jeweiligen Form ab. Zu den häufigsten Auslösern zählen:
- Schwächung der Beckenbodenmuskulatur, meist durch Schwangerschaft, Geburt oder hormonelle Veränderungen
- Operationen im Beckenbereich, etwa an der Prostata oder der Gebärmutter
- Neurologische Erkrankungen, etwa Parkinson, Multiple Sklerose oder Schlaganfälle
- Altersbedingte Veränderungen von Muskeln und Nerven
- Harnwegsinfektionen
- Medikamente, welche die Blasenfunktion beeinflussen können, zum Beispiel Diuretika, Benzodiazepine oder Opiate
- Lebensstilfaktoren wie Übergewicht, Bewegungsmangel oder Rauchen
Frauen sind besonders häufig von Inkontinenz betroffen. Vor allem hormonelle Veränderungen in den Wechseljahren, Schwangerschaften und vaginale Geburten belasten den Beckenboden und können zu einer Schwächung der Muskulatur führen.
„Viele Frauen haben allein aufgrund einer Schwangerschaft eine Beckenbodensenkung, die aufgrund einer Schwäche des Band- und Muskelapparats beruht. Im Rahmen der Geburt wird dieser Zustand noch verschlimmert, da muskuläre Strukturen kaputt gehen“, erklärt Dr. Isabel Benhidjeb, Fachärztin für Urologie am Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld, im Fitmacher-Podcast.
„Später, in der Post-Menopause, fehlen den Frauen zudem Hormone, deren Mangel ebenfalls dazu führt, dass der Beckenboden insuffizienter wird und seine Funktion abnimmt“, so Dr. Benhidjeb weiter. So kann ein altersbedingter Mangel an Östrogen Inkontinenz begünstigen. Die häufigste Form bei Frauen ist die Belastungsinkontinenz, bei der es vor allem beim Husten, Niesen oder Heben zu ungewolltem Urinverlust kommt.
Bei Männern hängt die Ursache für Inkontinenz meist mit der Prostata zusammen. So kann eine gutartige Prostatavergrößerung den Harnfluss behindern und zu einer Überlaufinkontinenz führen. Auch nach operativen Eingriffen, etwa einer Prostatektomie bei Prostatakrebs, kann es vorübergehend oder dauerhaft zu Inkontinenz kommen. „Bei einer Prostatakrebs-Operation kann es vorkommen, dass die gesamte Prostata entfernt wird. Da dies ein radikalerer Eingriff ist, ist die Chance auf eine Inkontinenz etwas höher“, erläutert Prof. Dr. Jesco Pfitzenmaier, Chefarzt der Klinik für Urologie am Evangelischen Klinikum Bethel in Bielefeld, im Fitmacher-Podcast.
Bei Kindern tritt Inkontinenz meist in Form von nächtlichem Einnässen oder gelegentlichem Urinverlust am Tag auf. In vielen Fällen handelt es sich um eine vorübergehende Entwicklungsverzögerung, die sich mit dem Älterwerden reguliert. Psychische Belastungen wie Stress, familiäre Veränderungen oder schulische Probleme können die Symptome verstärken. Eine kinderärztliche Abklärung ist daher ratsam.
Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für Inkontinenz deutlich an. Gründe sind eine nachlassende Muskelkraft und Reaktionsfähigkeit, altersbedingte Veränderungen der Blasenfunktion, chronische Erkrankungen sowie Nebenwirkungen von Medikamenten. Auch Alterserkrankungen wie Demenz können Auslöser für Inkontinenz sein. In Pflegeeinrichtungen gehört Inkontinenz zu den häufigsten Gesundheitsproblemen.
Inkontinenz - wann zum Arzt?
Inkontinenz tritt selten plötzlich auf, sondern entwickelt sich meist schleichend über einen längeren Zeitraum. Wichtig ist allerdings, so früh wie möglich Maßnahmen einzuleiten, damit die Inkontinenz nicht weiter fortschreitet.
Daher sollten Patientinnen und Patienten ärztlichen Rat aufsuchen, sobald sie merken, dass ihre Kontinenz nachlässt, spätestens jedoch, wenn die Beschwerden gehäuft auftreten.
Krankhafter Harndrang, ungewolltes Wasserlassen und die Angst vor daraus entstehendem Uringeruch schränken die Lebensqualität der Betroffen oft stark ein. So kann Inkontinenz dazu führen, dass Menschen vermeiden, das Haus zu verlassen oder an Freizeitaktivitäten teilzunehmen, und sich somit sozial isolieren.
Diagnose: So wird Inkontinenz festgestellt
Eine gezielte Diagnose ist wichtig, um die passende Therapie auszuwählen. Bei Inkontinenzproblemen empfiehlt es sich, eine Expertin oder einen Experten der Urologie oder Gynäkologie aufzusuchen, da diese gut mit verschiedenen Formen, Ursachen und Therapien auf diesem Gebiet vertraut sind.
Zudem gibt es sogenannte Kontinenz- und Beckenbodenzentren, welche sich auf Inkontinenzarten und deren Behandlung spezialisiert haben. Wem es jedoch leichter fällt, die vertraute Hausarztpraxis aufzusuchen, kann für eine erste Einschätzung auch mit einer Allgemeinmedizinerin oder einem Allgemeinmediziner sprechen.
Im weiteren Verlauf kann auch eine Neurologin oder ein Neurologe zu Rate gezogen werden. In einem ausführlichen Gespräch erkundigt sich die Ärztin oder der Arzt zunächst nach den genauen Beschwerden, Gewohnheiten und möglichen Vorerkrankungen der Betroffenen (Anamese), um herauszufinden, welche Form der Inkontinenz vorliegt, und grenzt mögliche Ursachen näher ein.
Die diagnostische Abklärung kann folgende weitere Maßnahmen umfassen:
- Führen eines Blasentagebuchs: Aufzeichnung von Trinkmengen, Toilettengängen und ungewolltem Urinverlust
- Körperliche Untersuchung, ggf. inklusive Ultraschall
- Urin- und Blutuntersuchung, um Hinweise auf mögliche Infektionen, Entzündungen oder Stoffwechselerkrankungen zu erhalten
- Urodynamische Untersuchung, bei der die Funktion und der Druck von Harnröhre und Harnblase getestet werden
- Blasenspiegelung, um Entzündungen der Blasenschleimhaut oder Tumoren in der Blase aufzudecken
- Stress-Test, bei dem untersucht wird, ob Urin beim Husten, in der Hocke oder beim Pressen abgeht
- Röntgen-Kontrastaufnahmen: Hierbei wird die Blase mit einem Kontrastmittel gefüllt, anschließend Röntgenaufnahmen während des Wasserlassens gemacht. Auf diese Weise lassen sich Rückschlüsse über eine mögliche Fehlfunktion der Blase sowie Aus- und Einstülpungen ziehen, die Inkontinenz begünstigen.
Therapiemöglichkeiten: Was hilft gegen Inkontinenz?
Die gute Nachricht: Inkontinenz ist mittlerweile in vielen Fällen gut behandelbar oder sogar heilbar. „Die meisten Formen der Inkontinenz können wir mit konservativer Therapie oder Medikamenten heilen oder zumindest massiv verbessern, sodass die Lebensqualität wieder zurückgewonnen wird.
Und selbst die operativen Eingriffe sind im Verhältnis zu sonstigen Eingriffen so klein, dass sie von den meisten Menschen gut toleriert werden“, versichert Prof. Dr. Pfitzenmaier. Die Wahl der Therapie hängt von der jeweiligen Ursache, dem Schweregrad und der Form der Inkontinenz ab. Man unterscheidet zwischen konservativen, medikamentösen, operativen und moderne Behandlungsoptionen, darunter Lasertherapie.
Gezielte Übungen stärken die Muskulatur im Beckenboden und verbessern die Kontrolle über die Blase. Dieser Ansatz hat sich vor allem bei Belastungsinkontinenz als wirksam erwiesen. Eine Anleitung durch spezialisierte Physiotherapeutinnen oder -therapeuten ist dabei empfehlenswert.
Die gezielte Stärkung des Beckenbodens ist auch ein wesentlicher Bestandteil von Kursen zur Rückbildungsgymnastik, welche Frauen nach der Schwangerschaft absolvieren sollten. Im Idealfall kann ausreichende Rückbildungsgymnastik sogar vorbeugend gegen die Entstehung einer Inkontinenz wirken.
Ziel des Blasentrainings ist es, die Abstände zwischen den Toilettengängen schrittweise zu verlängern, um die Blase wieder an größere Füllmengen zu gewöhnen. Dafür wird ein strukturierter Zeitplan erstellt, nach dem die Toilette besucht wird – ganz unabhängig vom spontanen Harndrang. So sollen Betroffene lernen, den Harndrang besser zu kontrollieren und bewusst zu steuern. Diese Methode erfordert Geduld, ist jedoch besonders bei Dranginkontinenz sehr wirkungsvoll.
Bei dieser Methode kommen schwache elektrische Impulse zum Einsatz, die über eine vaginale oder anale Sonde gezielt die Beckenbodenmuskulatur stimulieren. Die Impulse führen zu einer rhythmischen Kontraktion der Muskulatur, was langfristig deren Stärke und Reaktionsfähigkeit verbessert.
Elektrostimulation eignet sich vor allem für Menschen, die Schwierigkeiten haben, ihren Beckenboden aktiv anzuspannen, und wird häufig ergänzend zum Beckenbodentraining eingesetzt. Schwache elektrische Impulse regen bei dieser Methode die Beckenbodenmuskulatur zur Kontraktion an, also zum Zusammenziehen. Diese Therapie wird oft begleitend zum Beckenbodentraining eingesetzt.
Es gibt eine Vielzahl an Hilfsmitteln, die den Alltag mit Inkontinenz erleichtern können. Dazu gehören aufsaugende Produkte wie Einlagen, spezielle Unterwäsche, Windeln für Erwachsene oder auch ableitende Systeme wie Katheter. Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität sind mobile Toilettenstühle oder Bettpfannen hilfreich.
Im Alltag kann es helfen, den Konsum von Getränken wie Kaffee, Schwarztee und Alkohol zu reduzieren, da diese harntreibend wirken, die Blase reizen und die Blasenschleimhaut angreifen können. Zudem spielen eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr sowie das Trinken zur richtigen Zeit eine ebenfalls entscheidende Rolle.
„Es ist tatsächlich so, dass viele Betroffene eine Flüssigkeitsrestriktion betreiben und nicht mehr genug trinken. Ich habe manchmal Patienten, die mir sagen, dass sie täglich weniger als 500 Milliliter getrunken haben. Das ist auf jeden Fall nicht richtig. Man muss weiter trinken“, warnt Dr. Benhidjeb. Hausmittel wie die Einnahme von Kürbiskernextrakt, Cranberry-Saft oder Probiotika wie Joghurt können die Blasengesundheit zwar fördern, aber keine Wunder vollbringen.
Regelmäßiges Trainieren der Toilettengewohnheiten und das Vermeiden von Übergewicht können ebenfalls einen positiven Effekt haben. Dies ist jedoch eher bei leichten Formen der Inkontinenz der Fall.
Medikamentöse Therapie
Je nach Form der Inkontinenz können verschiedene Medikamente eingesetzt werden. Sie kommen meist begleitend zu konservativen Behandlungsmethoden zum Einsatz.
- Anticholinergika entspannen die Blasenmuskulatur bei Dranginkontinenz
- Hormonpräparate verbessern die Schleimhaut der Harnwege bei Frauen nach der Menopause
- Botox-Injektionen, die in den Blasenmuskel gespritzt werden und ihn lähmen, sodass er sich nicht zusammenzieht, bevor die Blase gefüllt ist
Bei dieser minimal-invasiven Methode wird ein schmaler Kunststoffstreifen (TVT: Tension-free Vaginal Tape, oder TOT: Transobturator Tape) unter die Harnröhre gelegt. Diese spannungsfreien Bänder stützen die Harnröhre bei körperlicher Belastung und verhindern so den ungewollten Urinverlust. Die Erfolgsquote ist besonders bei Frauen mit Belastungsinkontinenz hoch.
Ein künstlicher Schließmuskel kann vor allem bei schwerer Inkontinenz, etwa nach operativen Eingriffen an der Prostata, helfen, die Kontrolle über den Urinfluss wiederherzustellen. Das System besteht aus einer Manschette, welche die Harnröhre umschließt, und einer Pumpe, mit welcher der Patient die Manschette selbst steuern kann.
„Es wird eine befüllbare Manschette um die Harnröhre gelegt. Diese wird mit Wasser befüllt und drückt die Harnröhre ab, sodass kein Urin mehr abgehen kann. Wenn man Wasser lassen muss, lässt man die Flüssigkeit aus der Manschette ab, sodass sich die Harnröhre öffnet. Danach schließt man den künstlichen Schließmuskel wieder“, berichtet Prof. Dr. Pfitzenmaier. Diese Lösung erfordert jedoch eine gute Feinmotorik und ein gewisses Maß an Übung im Umgang.
Hierbei wird ein kleiner Schrittmacher im Bereich des Kreuzbeins implantiert, der elektrische Impulse an die Nerven im Beckenbereich sendet, die Blase und Beckenboden kontrollieren. Diese Methode eignet sich besonders bei therapieresistenter Drang- oder Mischinkontinenz.
Die Lasertherapie stellt eine vergleichsweise moderne, schonende und schmerzarme Methode zur Behandlung leichter bis mittelschwerer Belastungsinkontinenz sowie vulvo-vaginaler Beschwerden dar. Sie kommt vor allem bei Frauen in und nach den Wechseljahren zum Einsatz, da durch den sinkenden Östrogenspiegel die Schleimhaut der Vagina dünner, trockener und weniger elastisch wird.
Infolge dieser Veränderungen kann unter anderem eine Belastungsinkontinenz auftreten. Bei der Behandlung wird ein spezieller medizinischer Laser in die Scheide eingeführt. Die dabei entstehende Wärme regt die Neubildung von Kollagen sowie die Durchblutung des Gewebes an und festigt so die umliegenden Strukturen. Dies führt zu einer Straffung und Regeneration der Scheidenwand, wodurch sich die Kontrolle über die Blase verbessern kann. Die Behandlung kann ambulant ohne Narkose durchgeführt werden und dauert oft nicht länger als 15 Minuten.
Prävention: So lässt sich Inkontinenz vorbeugen
Bestimmte Maßnahmen können das Risiko für Inkontinenz deutlich senken, wenngleich sich nicht alle Formen der Inkontinenz verhindern lassen. „Der Dranginkontinenz kann man nicht vorbeugen. Die hat man oder hat man nicht. Es gibt hier auch viele Fälle überaktiver Blasen, die idiopathisch sind, also denen man keine erkennbare Ursache zuordnen kann“, kommentiert Dr. Benhidjeb.
Bei der Belastungsinkontinenz ist das anders: Gezieltes Beckenbodentraining – etwa während und nach der Schwangerschaft – stärkt die Muskulatur und beugt einer späteren Belastungsinkontinenz vor. Regelmäßige Bewegung, ein gesundes Körpergewicht sowie der Verzicht auf Nikotin und übermäßigen Koffeinkonsum fördern die Blasengesundheit.
Auch eine ballaststoffreiche Ernährung zur Vermeidung von Verstopfung entlastet den Beckenboden. Wer frühzeitig auf Warnzeichen achtet und bei ersten Symptomen ärztlichen Rat einholt, kann Inkontinenz oft gut in den Griff bekommen.
Leben mit Inkontinenz: Unterstützung und Hilfen
Inkontinenz ist eine verbreitete, aber heutzutage gut behandelbare Erkrankung. Denn je nach Form und Ursache stehen mittlerweile vielfältige Therapieansätze zur Verfügung, von Beckenbodentraining bis hin zu innovativen Laser- oder Operationsverfahren.
Die Kosten für bestimmte Hilfsmittel oder Therapien bei Inkontinenz werden in vielen Fällen von der Krankenkasse übernommen. Auch Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und spezialisierte Physiotherapeutinnen oder -therapeuten können helfen, den Alltag der Betroffenen zu erleichtern.
Wichtig ist zu verstehen, dass Inkontinenz kein Schicksal ist, dem man sich einfach fügen muss. „Die Menschen müssen einfach den Mut haben, sich Hilfe zu suchen“, appelliert Prof. Dr. Pfitzenmaier. „Wir finden fast immer eine Lösung.“
Also, zögern Sie nicht, sich Hilfe zu holen. Denn eine offene Kommunikation mit Ärztinnen und Ärzten sowie ein frühzeitiger Therapiebeginn verbessern die Prognose erheblich und tragen so dazu bei, die Lebensqualität nachhaltig zu steigern.
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